FRAU AN DER SPITZE
Harvard nach dem Sieg der "Gesinnungspolizisten"
Der mit der ersten Lila Kröte ausgezeichnete "Krankheitserfinder", praktizierende Sexist ("Eine Krankheit namens Mann") und SPIEGEL-Redakteur Jörg Blech führte neulich zusammen mit seinem Kollegen Gregor Peter Schmitz ein Interview mit der amtierenden Präsidentin der Eliteuniversität Harvard, der Historikerin Drew Faust. Es ging um die finanziellen Engpässe, die, wie bereits bekannt, die legendäre Hochschule infolge der internationalen Finanzkrise durchzustehen hat. Und es ging auch wie immer in Gesprächen des Mainstream-Journalismus mit Frauen in gesellschaftlich anerkannten Positionen, aber dezent, wie dies die sensible Situation in diesem Fall erfordert, um das Geschlecht der Interviewpartnerin und um das andere Geschlecht.
Warum wir hier von einer sensiblen Situation sprechen, ist nicht nur, weil die Chefin der Universität im Fahrwasser gewisser genderpolitischer Turbulenzen des Jahres 2005 zu ihren Ehren kam. Hinzu kommt, daß der Mann, den die amtierende Historikerin ablöste, ein Wirtschaftsgenie, dem man einen IQ von 193 nachsagt, war, was ihm bereits in den 90ern eine imposante Position bei der Weltbank eintrug, und später, bevor er Chef der angesehensten Universität der Welt wurde, den US-Finanzministerposten unter Bill Clinton. Die Serie der Huldigungen setzt sich unter dem Präsidenten Barack Obama fort. Obama ernannte Summers bei seinen Personalentscheidungen zum wirtschaftspolitischen Chefberater, wobei die Verwunderung der Insider, wie es denn sein könne, daß der brillante Experte nicht gleich wieder zum Finanzminister arrivierte, in der Spekulation ihre Antwort fand, daß seine Ambitionen es eher auf den Chefsessel bei der Federal Reserve abgesehen hätten, der im kommenden Jahr zur Disposition steht.
Doch es machte laut WIRTSCHAFTSWOCHE eine weitere Spekulation die Runde: "Summers…, so munkelte man, sei vor den inquisitorischen Anhörungen zurückgeschreckt, die der Berufung auf wichtige Regierungsposten vorausgehen. Und dann wäre wohl wieder diese Geschichte ausgegraben worden: Summers hatte als Präsident der Universität Harvard 2005 mit der These provoziert, es könne angeborene Unterschiede zwischen Männern und Frauen bei naturwissenschaftlichen und mathematischen Fähigkeiten geben. Obwohl er nach einem öffentlichen Aufschrei betonte, dass es sich dabei nicht um seine eigene Meinung handele, sondern um Thesen, die der weiteren wissenschaftlichen Untersuchung bedurften, musste er den Chefposten an der Elite-Uni räumen."
Etwas eingehender zu diesen Ereignissen berichtete damals DER MASKULIST hier.
Larry Summers Harvard-Amtszeit war in der Tat von einem Reformwillen geprägt, der sich der verheerenden Auswirkungen gewisser Bräuche der Bildungspolitik bewußt zeigte. So wandte er sich gegen eine von ihm "Prädikatsinflation" genannte Praxis, die Vergabe nämlich irreal großzügiger Zensuren, da in Harvard mittlerweile "jeder zweite Student am Ende seines Grundstudiums, dem so genannten Bachelor, mit einer A-Note entlassen" wurde, und "bei den Graduierten… die Zahl der Prädikatsabschlüsse sogar bei 90 Prozent" lag. Worum es aber Summers Gegnern vor allem ging, wurde ebenfalls im Artikel erklärt, aus welchem die eben zitierten Stellen stammen, und der einstmals im selben Magazin erschien (SPIEGEL 32/2002), für das jetzt Jörg Blech und sein Kollege die Nachfolgerin Summers interviewten. In "Aufruhr auf dem Campus" berichtete damals Jan Fleischhauer (Autor von "Unter Linken – Von einem, der aus Versehen konservativ wurde", Rowohlt Verlag, Mai 2009) zu Summers "Generalüberholung" der Elitehochschule unter anderem:
Doch wer sich länger auf dem Campus umhört, merkt schnell, dass es gar nicht die Reformideen an sich sind, die den Streit nun so haben eskalieren lassen, oder die Unverblümtheit, mit der Summers diese vorträgt. 'Affirmative action' heißt das eigentliche Tabu, an das der neue Präsident gerührt hat, einen allen in Amerika Lehrenden nur allzu vertrauter Begriff, der die Selbstverpflichtung von Hochschulen bezeichnet, jeder Diskriminierung von Minderheiten, und sei sie nur vermutet, schon im Ansatz entgegenzuwirken.
Was vor Jahren als durchaus sinnvoller Versuch begann, über spezielle Quotenregelungen und Förderprogramme auch Angehörigen von Minoritäten Zugang zu Elite-Universitäten wie Harvard zu verschaffen, hat sich mittlerweile zu einem Regelsystem entwickelt, das tief in die Lehrpläne eingreift und zu einer Sprachhygiene führte, die ans Absurde grenzt.
Nicht nur, dass inzwischen selbst an amerikanischen High Schools bei Prüfungen die Texte amerikanischer Autoren von allen Stellen gereinigt werden, die als anstößig empfunden werden könnten…
Überall in den Hochschulen wachen zudem selbsternannte Gesinnungspolizisten darüber, dass niemand aus der Rolle fällt…
In diesem Klima der 'political correctness' macht sich jemand wie Summers schon verdächtig, wenn er nur die Rückkehr zu alten Leistungsstandards und eine Besinnung auf klassische Ausbildungsinhalte verlangt. Wenn Summers fordert, künftig wieder für alle Studenten naturwissenschaftliche und ökonomische Grundkenntnisse verbindlich zu machen, dann verstehen das seine Kritiker als Herabwürdigung von Studiengängen, bei denen die Studenten zwar alles über die Erscheinungsformen des Feminismus oder die Geschichte spanischer Einwanderer lernen - aber eben auch nicht mehr." (Kursives vom Verf.)
Bis dann mal Summers sachdienlicher Vorsatz mit der bloßen Erwägung der Möglichkeit, daß am Ende Männer und Frauen bei ihren Entscheidungen auch durch nicht sozialisationsbedingte Unterschiede geprägt sein könnten, an die Grenze dessen stieß, was der politische Kanon seiner universitären Gegenwart ertragen konnte. "Passieren wird Summer trotz des internationalen Skandals… nicht viel, entlassen wird er schon gar nicht", wetterte (oder besser frohlockte) damals EMMA hierzulande. Summers wurde entlassen!
Mit dieser Schilderung ist sicher genug getan, um den Ausdruck zu rechtfertigen, der anfangs die von den zwei SPIEGEL-Autoren interviewte Universitätspräsidentin als in einer "sensiblen Situation" zeigte. Schauen wir nun nach der bedächtigen Tücke, mit der die Beiden im Verlauf des Gesprächs dieses zu der "sensiblen" Vorgeschichte aus dem Jahr 2005 wenden. So einfach machen die das: "Harvard hat 370 Jahre gebraucht, um eine Frau an der Spitze zu ernennen…"
Die renommierteste Hochschule der Welt soll also 370 Jahre "gebraucht" haben, um etwas zu bewerkstelligen, was mit ihrem Wesen als solche überhaupt nichts zu tun hat. Denn dort – und nicht nur dort - florierten die Wissenschaften, und das Wissen revolutionierte sich einmal selbst bis zu den glanzvollen Höhen der Raumfahrt und der Digitalisierung und bis zu den wundersamen Früchten unseres hochtechnisierten Jetzt, in welchem der Autor dieser Darlegungen beheimatet, das Interview mit Frau Faust in einem Segment seines Laptop-Monitors bereit hält, nebst einschlägigen Berichten und Betrachtungen zu den besprochenen Ereignissen, die er in weiteren Fenstern desselben Wunderapparats ordnet, begutachtet und interpretiert, um alsbald sein Ergebnis mit einem winzigen Klick der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Dafür, Herr Blech, für diese und viele andere Manifestationen menschlich-geistiger Regsamkeit, hat Harvard wie jede Schule auf der Welt all die Jahre "gebraucht", die sie auf dem Buckel hat, und nicht um sich das neurotische Korsett linkisch linker, wissenschaftsfeindlicher Vorgaben anzulegen.
Der Rest des Gesprächs (das weiter unten verlinkt wird), ist lasch, verstohlen bis hinterhältig: "Welche Karriere hatten Ihre Eltern für Sie vorgesehen?" Antwort: "Die Ehefrau eines reichen Mannes zu werden." Und dann: "Stattdessen wurden Sie ausgerechnet Nachfolgerin von Larry Summers - der über kontroverse Bemerkungen stürzte, Frauen seien weniger begabt für Naturwissenschaften als Männer", wird akzentuiert angedacht, so als müßte man darauf ausrufen: "Welcher Zufall, wer hätte das gedacht!"
Fast auf dem Niveau eines Frau-beim-Friseur-Gesprächs geht es weiter mit frommen Rezitationen des Couleurs "ganz unabhängig von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit oder sexueller Ausrichtung" und darum, was "es Menschen auf der ganzen Welt bedeutete, eine Frau auf diesem Posten zu sehen."
Ja, was eigentlich?
Daß dieser Fall einmal mehr die Folgen des Sieges jener "Gesinnungspolizisten" exemplarisch aufzeigt, der die intellektuelle Blässe einer labernden Historikerin an die Stelle des als Genie hofierten Finanzexperten setzte, welcher nun in diesen Zeiten der Finanzkrise als Chefberater der mächtigen US-Wirtschaft "gebraucht" wird, während es seine aus ideologischen Marotten eingesetzte Nachfolgerin und erste Chefin jener Eliteuniversität, aus der man ihn einst rausekelte, zu Artikeln mit dem Titel "Zeit der Verunsicherung" treibt.
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