Was Recht ist
Erst im Lauf der darauffolgenden Tage beantwortete der Blätterwald die Frage, die sich mir als erste gestellt hatte - wie groß die verunglückte junge Frau wohl gewesen sein mag. Und sie war in der Tat ebenso klein wie die "Sicherheitskräfte" im erzählten Fall: 1,57 Meter groß soll sie gewesen sein, wurde in den Berichten enthüllt. Dieser Größe etwa hatten auch die Hände der jungen Frauen von damals entsprochen, bedachte ich, und Bilder stiegen auf, Bilder von solchen Händen wie aus meiner Erinnerung jenes Abends, und wie sie sich vergeblich mühten, das rauhe Tauwerk sich himmelhoch türmender, prekär in den Lüften zitternder Takelagen zu umklammern.
Sind die nicht verrückt, dachte ich, die Politiker alle?
Homogenität und Gerechtheit vs. "Diversity" und "Gleichberechtigung"
"Frauen sind im Allgemeinen nicht geeignet, um in gleicher Weise wie ihre männlichen Kameraden in der Takelage von Schiffen zu arbeiten oder im Sanitätsdienst Verletzte zu bergen", befand gerade im vergangenen Februar, einige Monate nach dem Fall der verunglückten Offiziersanwärterin, eine Zeitung,1 der man so klare Position in Geschlechterfragen eigentlich gar nicht zugetraut hätte. Denn man assoziiert sie mit gewissen Traditionen, die das Männliche überwinden wollen, um das Menschliche zu erreichen, und das ginge wohl schlecht mit dem Überwinden, solange es, das Männliche, unersetzlich ist.
Die Sache allerdings mit der Bergung von Verletzten ist altbekannt und trübte den Glanz des weiblichen Sanitäters bereits in Zeiten, da Frauen noch nicht in sämtliche anderen Gebiete der Armee zugelassen waren. Um so verwegener ist es, wenn das erst danach formulierte "Gesetz zur Gleichstellung von Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr" einen Vorrang weiblicher Bewerber bei der Vergabe von Offiziersposten in diesem Bereich so lange vorsah, bis der Quotenanteil von 50 Prozent an Frauen erreicht sein würde. Denn nichts mehr ist hierbei stimmig:
50 Prozent Kräfte in einen Bereich - auf welche Art auch immer - zu hieven, dessen sie nur bedingt mächtig sind, vermindert die allgemeine Effizienz des betroffenen Bereiches unabdingbar und überträgt die Aufgabe, an der die Frauen scheitern, auf die Männer, auf diejenigen also, die nicht gefördert werden sollen, solange die Unfähigeren unterrepräsentiert sind! Absurd genug? Es geht aber weiter, denn dadurch entstehen ja zwei unterschiedliche Qualifikationsprofile, die wesenhaft differieren (Bergen ist nun mal eine wesentliche Tätigkeit des Sanitätsdienstes), was gemäß der Prämisse nach gleichem Lohn bei gleicher Arbeit einen niedrigeren Lohn für weibliche Soldaten in den Sanitätsbereichen privater Armeen schlußfolgern müßte! Und was würden dazu wohl die Frauenfunktionärinnen und sog. Gleichstellungsbeauftragten der Heere sagen?
Und noch ein anderer Begriff aus demselben ideologischen Becken demaskiert sich hierbei eklatant, der von Diversity, was Vielfalt heißen soll, aber in der gewohnten Tradition des Genderismus anglizistisch daher kommt. Gerade dort, wo Kompetenz und Inkompetenz augenscheinlich werden, nämlich wo es ums Praktische geht, erweist sich das Geplärre von "Diversity" als solches. Vielfalt der Vielfalt willen ist eben keine Qualität. Höchstens eine Vielfalt der Qualitäten könnte eine willkommene Vielfalt sein. Jene aber, die Qualitäten, müssen sich anhand faktischer Effizienz nachweisen lassen können und nicht durch die bloße Konnotation mit dem weiblichen Geschlecht. Denn sind es nicht die Genderisten selbst, die, um den Geschlechterunterschied zu tilgen, behaupten, daß die Unterschiede der Menschen innerhalb eines Geschlechts größer als die Unterschiede zwischen den Geschlechtern seien? Somit aber hätte "Diversity" auch ohne Frauenquoten kaum etwas an Umfang zu verlieren.
Ausgehend also vom Begriff der Gleichstellung entsteht durch den feministischen Übergriff (hier in Armeen und auf Marineoffiziersschulfregatten) ein bizarres Szenarium von Ungleichbehandlungen, deren krasseste auf der Benachteiligung der Kompetenz baut, um ihre formale Gleichstellung mit der Inkompetenz durchzusetzen.
