Ein Sommerloch für alle Jahreszeiten - Porträt einer Geschlechterdebatte à la FAZ
Der diffuse Artikel von Steve Jones, dieses Gestrüpp von Widersprüchen (ähnlich wie einst die 'Erklärungen' Prof. Hameisters8), macht es uns nicht leicht. Erst allmählich zeichnet sich hieraus das zentrale Dilemma, das uns deutliche Umrisse bietet. Es beruht darauf, daß Jones vor Ergebnissen stand, die ihm nicht behagten und die er vergeblich versuchte für seine Aussagen umzudeuten. Es sind die Ergebnisse, die wir weiter oben als einen "Schlag ins Gesicht der Weibespriester" beschrieben haben. Der Männerhasser kommt nicht umhin, seine Bewunderung über die neu entdeckten intelligenten und einzigartigen Strukturen und Fähigkeiten des Chromosoms nahezu schwärmerisch auszudrücken, zu dessen radikalem Ankläger er sich aber selbst verdammt hatte. Es ist dramatisch...
So spricht er davon, "daß das Y dreißig weitere Gene besitze", während man bisher nur eines kannte (schlecht informiert? Wir wissen von insgesamt achtundsiebzig), muß aber über "elegante Tricks" des Chromosoms sprechen, über die "makellosen Kopien" auf seinen Palindromen, über seine Zusammenhänge mit der Menschwerdung, über die im Chromosom "riesigen Spiegelsäle", in denen "nichts von den Fehlern, die man auf Grund wiederholter Mutation erwarten würde", zu finden seien!
Er spricht über die "Virtuosität" unseres Chromosoms, versucht aber dabei im gleichen Satz seine ungekonnten, gehaltlosen und schwachsinnigen Parallelen unterzubringen; das Chromosom klammere sich "wie ein Narziß... an einen Spiegel", und dieser Narziß sei "am Ertrinken." Dann wieder (direkt der nächste Satz): "In weniger als zehn Millionen Jahren mag... was wir heute Mann nennen, sich grundlegend ändern." So? Müssen wir schon packen? Nichtigkeit, Geistesöde, Konzept null - Professor Steve Jones.
Aggressivität wird deutlich, die wohl daraus resultiert, daß er im Kampf gegen das Y verloren hat und wohl irgendwie erkennt, daß er, um seine anaschonistischen Tiraden mit den neuen Fakten zu vermengen, absurd werden muß und froh darüber zu sein hat, daß man heute dergleichen in gewissen Feuilletons und Wochenmagazinen abladen kann. Dämmerung - wahrhaftig! Seine destruktive Aggression erzeugt Rassistisches, die Karten werden offengelegt, der Pudel zeigt seinen Kern. Seine Begriffe - verstellend und negierend: "Das Y ist allein", sagt er, als hätte es sich im Wald verlaufen, anstatt von der Autarkie des Chromosoms zu sprechen, die nur in dem Satz "Selbst ist der Mann" ihre volle Darstellung fände. Die bestaunenswerte Art der Selbstreparation des Y bringt er mit Onanie in Verbindung, die er versucht als verächtliche "zutiefst männliche Gewohnheit" hinzustellen. Vielleicht weiß er es ja genau?
Er belehrt uns aber auch etwas: "Die Gene, mein Herr, die Ihr Gehirn ausmachen, sind bemerkenswert ähnlich jenen Genen, auf denen die Hirne von Würmern oder Hühnern aufbauen", sagt er und fährt fort, als hätte er vor, hier und jetzt Belege für die gerade gemeinte Verwandtschaft zu erbringen. Als der widerwärtigste fällt aber ein Satz auf, in welchem er die bisherigen Ansichten über das Y-Chromosom besonders verletzend und eindeutig rassistisch formuliert: "das kränklichste, überflüssigste und parasitischste Chromosom von allen", und diese Attribute den Männern mit der giftigen Nebenbemerkung zuschiebt, das so beschriebene Chromosom sei damit "die mikroskopische Metapher seiner Träger".9
